Patientenverfügung

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Wozu dient eigentlich eine Patientenverfügung?

Für viele Menschen gehört es zu den schwersten Fragen im Leben, sich zu entscheiden, wie sie behandelt werden möchten in Zeiten schwerer, unwiderruflicher oder gar todbringender Erkrankungen.

Wir alle - gleich welchen Alters - können unfall- oder krankheitsbedingt in eine Situation kommen, in der wir selbst keine Entscheidungen mehr treffen können. In akuter Lebensgefahr, in der kein Aufschub möglich ist, darf auch ohne persönliche Zustimmung ärztlich gehandelt werden. Müssen jedoch bei Einwilligungsunfähigkeit des Patienten Entscheidungen außerhalb akuter Lebensgefahr getroffen werden, muss entweder der (mutmaßliche) Wille durch eine Patientenverfügung und Bevollmächtigte ermittelt oder der Betreuungsrichter gerufen werden. Dieser oder ein durch ihn bestellter Betreuer, der Sie wahrscheinlich nicht kennt, entscheidet dann für Sie. Selbstverständlich sind auch Betreuungsrichter und Betreuer gehalten, dem mutmaßlichen Patientenwillen nach zu entscheiden. Doch ohne konkrete schriftliche Anhaltspunkte ist dies fast unmöglich.

Seit vielen Jahren bietet die Patientenverfügung mit Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung die Möglichkeit, präzise Behandlungswünsche für bestimmte Situationen zu formulieren, in denen sich der Einzelne selbst nicht mehr dazu äußern kann. Die drei Formulare können je nach Bedarf als Einzeldokumente getrennt voneinander oder in Kombination miteinander verwendet werden. Die dazugehörige Broschüre dient als Wegweiser und erläutert die einzelnen Bestandteile.

Patientenverfügung – Ihr Wille ist maßgebend

Gleiches gilt auch für die Ärzte: Grundsätzlich müssen auch sie dem Patientenwille folgen, soweit es medizinisch sinnvoll und in der Situation machbar ist. Für den Fall, dass der Patient nicht oder nicht mehr einwilligungsfähig ist, wird also die Orientierung am mutmaßlichen Patientenwillen das Entscheidende. Dieser ist jedoch ohne konkrete Hinweise nur schwer oder gar nicht zu ermitteln.

Deshalb ist es wichtig, eigene Wünsche und Werte schriftlich zu formulieren sowie vertraute Bevollmächtigte zu benennen, die dann diese Wünsche auf die konkrete Situation übertragen können. So gewinnen Sie bei eigener Entscheidungsunfähigkeit die größtmögliche Sicherheit, dass alles, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht. Nach aktueller Rechtsprechung und den Richtlinien der Bundesärztekammer ist diese Verfügung dann verbindlich, wenn sie eine detaillierte und ernsthafte Auseinandersetzung mit den Fragen des eigenen Lebensendes dokumentiert. Nach dem Urteil der BGH vom 17. März 2003 ist eine solche Patientenverfügung nicht nur als mutmaßlicher, sondern als aktueller Wille des Patienten zu befolgen.

Sie bestimmen, wer für Sie spricht

Trotz dieser detaillierten Auseinandersetzung gibt eine Patientenverfügung aufgrund der zahlreichen Möglichkeiten selten ganz exakt den Willen für eine konkret eingetretene Situation wieder. Deshalb ist die Einsetzung von Bevollmächtigten mittels einer Vorsorgevollmacht und vorsorglichen Betreuungsverfügung von entscheidender Bedeutung.

Diese sind rechtlich verpflichtet, nach bestem Wissen und Gewissen gemäß dem von Ihnen niedergelegten Willen zu entscheiden. Nicht irgendein fremder Betreuer oder Betreuungsrichter befindet dann, was wohl Ihrem mutmaßlichen Willen entspricht, sondern der Bevollmächtigte, dem Sie vertrauen, in Verbindung mit Ihren schriftlichen Verfügungen und Wünschen.

Vier Elemente machen eine Patientenverfügung zu einem sicheren Instrument der Vorsorge:

  • Sie ist für alle Beteiligten (Betreuer, Bevollmächtigte, Ärzte, Pflegepersonal, Justiz und Angehörige) verbindlich.
  • Sie kommt erst zum Einsatz, wenn Sie nicht mehr in der Lage sind, selbst über eine medizinische Behandlung zu entscheiden. In der Regel werden die Ärzte über den Zeitpunkt entscheiden. Sie können (und sollten) sie regelmäßig überprüfen und ggfs. aktualisieren. Online-Dienste helfen dabei, das Dokument jederzeit einzusehen und bei Rechtsänderungen alarmiert zu werden.
  • Sie können Sie jederzeit widerrufen, formlos und auch mündlich.
  • Sie müssen nicht befürchten, dass ein Arzt aktive Sterbehilfe leistet, denn das ist in Deutschland verboten. Auch bei der passiven Sterbehilfe werden ärztliche Handlungen nicht komplett unterlassen. Es werden lediglich leidenslindernde Maßnahmen bevorzugt.

Patientenverfügung – Beispiel und Muster?

Es gibt im Internet und im Buchhandel viele kostenlose Muster für die Patientenverfügung, dennoch sollten Sie darauf achten, dass alles gut überlegt und rechtens ist, was Sie darin festlegen. Schließlich ist eine Patientenverfügung ein Dokument mit weitreichenden Konsequenzen.

Auf jeden Fall sollte eine Patientenverfügung Folgendes enthalten:

  • Vorname und Nachname
  • Geburtsdatum
  • Anschrift
  • Datum
  • Unterschrift
  • Genaue Beschreibung der Situation, für die sie gelten soll
  • Genaue Benennung der medizinischen Maßnahmen, die der Betroffene wünscht
  • Genaue Benennung der medizinischen Maßnahmen, die der Betroffene auf keinen Fall möchte

Patientenverfügung beim Notar

Die erhältlichen und z. T. kostenlosen Vordrucke für die Patientenverfügung sind oft nach dem gleichen Schema gestaltet und es ist sehr wahrscheinlich, dass sie im Ernstfall später nicht aussagekräftig genug sind. Wenn Sie eine individuelle Version einer Patientenverfügung möchten, sollten Sie sich mit einem Notar oder Fachanwalt austauschen. Die Vorteile dabei liegen klar auf der Hand:

Vorteile einer notariellen Patientenverfügung

  • Der Notar oder Fachanwalt kann mit Ihnen alternative Formulierungen besprechen und für Ihre ganz persönliche Patientenverfügung die beste schriftliche Darstellung treffen.
  • Eine vom Notar oder Fachanwalt verschriftlichte Patientenverfügung erhöht deren Akzeptanz.
  • Der Notar oder Anwalt hinterlegt Ihre Patientenverfügung auf Wunsch beim Zentralen Vorsorgeregister.

Kosten einer Patientenverfügung

Es gibt im Internet kostenlose Patientenverfügungs-Vordrucke, die man herunterladen kann. Daher sind die Kosten für diese Patientenverfügung gleich null, jedoch kann diese Form der Patientenverfügung im Einzelfall nicht ausreichend sein, da Sie bei diesen Mustern nur Kreuzchen setzen. Eine gute Beratung – etwa durch Ihren Hausarzt oder einen Fachanwalt– sollten Sie unbedingt wahrnehmen. Denn nur dann können Sie klar und deutlich Ihre Wünsche beschreiben.

Wenn Sie sich für die Erstellung einer individuellen Patientenverfügung einen Anwalt oder Notar suchen und mit ihm eine ausführliche Patientenverfügung erstellen möchten, fallen Gebühren für die Beratung sowie die Ausfertigung an. Je nach Region und Aufwand liegen die Kosten für die Patientenverfügung durch einen Notar bei ca. 60 bis 160 Euro.

Tipp: Sie können Ihre Patientenverfügung bei sich zuhause aufbewahren. Informieren Sie jedoch unbedingt Ihre Angehörigen, Freunde und Ihren Hausarzt darüber, dass Sie eine Patientenverfügung besitzen und wo sie sich befindet. Als zusätzliche Sicherheit können Sie Ihrem Arzt eine Kopie mit dem Hinweis, wo sich das Original befindet, zukommen lassen. Beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer können Sie sich registrieren und hinterlegen, dass Sie eine Patientenverfügung besitzen und zusätzlich vermerken, wo sich diese befindet.

Keine Patientenverfügung – Wer entscheidet im Ernstfall?

Eines vorab: Sie sind nicht verpflichtet, eine Patientenverfügung abzufassen (§ 1901a Abs. 4 BGB). Wenn Sie also keine haben und der Fall eintritt, dass Sie nicht mehr selbst in eine ärztliche Maßnahme oder Therapie einwilligen können, muss Ihr „mutmaßlicher Wille“ (§1901a Abs. 2 BGB) ermittelt werden.

Dazu wird evtl. Ihr gesetzlich bestellter Betreuer gefragt, den Sie in einer Betreuungsverfügung evtl. bereits empfohlen haben. Im Dialog mit Ärzten und anderen Fachleuten muss dann eine Lösung gefunden werden, die möglichst Ihrem Willen entspricht.

Auch Ihr Bevollmächtigter, den Sie per Vorsorgevollmacht bestimmt haben, kann für Sie handeln. Allerdings nur, wenn Sie in Ihrer Vorsorgevollmacht einen entsprechenden Passus aufgenommen haben (Vorsorgevollmacht in Gesundheitsangelegenheiten).

Liegen weder Patientenverfügung noch Betreuungsverfügung und auch keine Vorsorgevollmacht vor, wird zunächst ein Gericht einen Betreuer für Sie bestimmen müssen. Dieser wird sich bei Ihrer Familie und bei Ihnen nahestehenden Personen erkundigen, wie Sie sich in gesunden Zeiten geäußert haben, als es z. B. um lebensverlängernde Maßnahmen ging.

Es gibt auch Fälle, in denen eine Patientenverfügung zwar vorliegt, aber für den konkreten Fall nicht zutrifft. Auch in diesem Fall sucht das Ärzteteam das Gespräch mit Ihrem Betreuer oder Bevollmächtigten.

Die Gültigkeit einer Patientenverfügung

Ihre Patientenverfügung ist lebenslang gültig. Sie können Sie jederzeit ändern, aktualisieren und auch komplett widerrufen. Allerdings ist das nur möglich, wenn Sie zum Zeitpunkt des Widerrufs einwilligungsfähig sind. D.h. Sie müssen in der Lage sein, Art, Bedeutung und Tragweite (Risiken) einer ärztlichen Maßnahme zu erfassen.

Gesetzliche Grundlage: das Patientenverfügungsgesetz

Am 1. September 2009 trat ein neues Pflegegesetz, das „3. Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts“, in Kraft, und damit auch das sog. Patientenverfügungsgesetz. Die wichtigsten Bestimmungen darin sind:

  1. Eine Patientenverfügung, die ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall des späteren Verlustes seiner Einwilligungsfähigkeit errichtet, muss von seinem Betreuer oder seinem Bevollmächtigten durchgesetzt werden – sofern die Verfügung auf die aktuelle Situation zutrifft (§ 1901a Abs. 1 und 5 BGB).
  2. Die Patientenverfügung ist bei der Entscheidung über ärztliche Maßnahmen zu beachten, unabhängig vom Stadium der Erkrankung (§ 1901a Abs. 3 BGB).
  3. Eine Patientenverfügung kann jederzeit widerrufen werden (§ 1901 a Abs. 1 BGB).
  4. Gibt es keine Patientenverfügung, muss der mutmaßliche Wille des nicht mehr einwilligungsfähigen Patienten ggfs. anhand früherer Aussagen ermittelt werden (§ 1901a Abs. 2 BGB). Das gilt auch für den Fall, dass die Festlegungen der Patientenverfügung nicht für die aktuelle Situation zutreffen.