Internationales Erbrecht - das müssen Sie wissen

Die Fälle, in denen ein Auslandsbezug des Erbfalls nicht besteht, lässt sich am besten Negativ abgrenzen. Kein Auslandsbezug liegt vor, wenn ein deutscher Staatsangehöriger lediglich Vermögen in Deutschland hat. Sobald ein deutscher Staatsangehöriger jedoch Vermögen im Ausland hat (beispielsweise ein Ferienhaus in Frankreich) oder ein Ausländer mit Vermögen in Deutschland verstirbt, liegt ein Auslandsbezug vor. Durch die voranschreitende Internationalisierung erhält somit das internationale Erbrecht eine immer größere Relevanz.



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Folgende Fallgestaltungen sind typisch für einen Auslandsbezug des Erbfalls:

  • Der Erblasser ist Deutscher und hat Vermögensgegenstände im Ausland;
  • Der Erblasser ist Deutscher und hat seinen letzten Wohnsitz im Ausland;
  • Der Erblasser ist Deutscher und hat eine Verfügung von Todes wegen im Ausland errichtet;
  • Der Erblasser ist Ausländer und hat Vermögensgegenstände in Deutschland;
  • Der Erblasser ist Ausländer und hat eine Verfügung von Todes wegen im Ausland errichtet, die auch Vermögen in Deutschland erfasst;
  • Der Erblasser ist Ausländer, lebt in Deutschland und will hier eine Verfügung von Todes wegen errichten;
  • Ein gemischtnationales Paar (er ist z.B. Deutscher, sie Schweizerin) hat ein gemeinschaftliches Testament errichtet.



Diese Rechtsordnung gilt bei Erbfällen mit Auslandsbezug

Die entscheidende Frage, welche stets zuerst beantwortet werden muss, lautet; welche Rechtsordnung gilt im konkreten Fall. Denn die jeweiligen gesetzlichen Regelungen im Erbrecht der verschiedenen Länder können erheblich voneinander abweichen - auch innerhalb der Europäischen Union. Ist ein Auslandsbezug vorhanden, so bestimmt das internationale Privatrecht, welche von mehreren nebeneinander bestehenden Rechtsverordnungen zur Anwendung kommen soll.

Die Regelung des deutschen internationalen Privatrechts zu der Frage, welche Rechtsordnung einschlägig ist, wurde im Jahr 2015 durch die EU-Erbrechtsverordnung abgelöst. Seitdem gilt nun als Anknüpfungspunkt für die anzuwendende Rechtsordnung der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers.

So einfach sind jedoch häufig die Fälle mit Auslandsbezug in der Praxis nicht. Denn international haben zahlreiche Länder in ihrem Erbrecht abweichend Anknüpfungspunkt wie die Staatsangehörigkeit des Erblassers. Zudem gilt in vielen Staaten für Vermögensgegenstände oder Immobilien das Belegenheitsprinzip. Dadurch kann es zu einer Nachlassspaltung kommen.




Die wesentlichen Kriterien zur Bestimmung der Anwendbarkeit der jeweiligen Rechtsordnung

Die Anknüpfungspunkte zur Bestimmung, welches Recht in einem Fall mit Auslandsbezug gilt, sind leider in den verschiedenen Ländern unterschiedlich geregelt. Im Wesentlichen sind folgende Anknüpfungspunkte - alternativ - wesentlich:

  • die Staatsangehörigkeit des Erblassers;
  • der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers zum Todeszeitpunkt oder
  • der Lageort der jeweiligen Vermögensgegenstände.

Weil die verschiedenen Länder unterschiedliche Anknüpfungspunkte zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts verwenden, können Kollisionen zwischen dem vorgesehenen Recht der einzelnen Länder auftreten.

Um solche Kollisionen und die damit verbundenen Probleme zu vermeiden, ist es ratsam, die Erbfolge mit der Hilfe eines versierten Rechtsanwalts zu regeln.




Die Regelungen des Erbrechts innerhalb der EU

Um im Rahmen der Europäischen Union Kollisionen zwischen den verschiedenen Rechtsordnungen weitgehend auszuschließen und die in der EU bestehenden nationalen Rechtsordnungen weiter aneinander anzugleichen, wurde im Jahr 2015 die EU-Erbrechtsverordnung erlassen. Diese gilt für alle Länder der EU mit Ausnahme von Dänemark und Irland. Sie gibt verbindlich vor, welches Erbrecht anzuwenden ist, wenn ein Erbfall innerhalb der EU oder eines EU-Bürgers eintritt.

Als entscheidendes Kriterium wurde in der EU-Erbrechtsverordnung der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers festgelegt. Es gilt der Grundsatz der Nachlasseinheit. Demnach spielen für die Frage der anwendbaren Rechtsordnung weder der Aufenthaltsort der Erben noch der Belegenheitsort des Nachlassvermögens bzw. der einzelnen Nachlassgegenstände eine Rolle. Diese Regelung geht also der abweichenden deutschen Regelung vor, wenn ein Bezug des Erbfalls zur EU vorliegt.




So bestimmt sich der gewöhnliche Aufenthaltsort

Der gewöhnliche Aufenthaltsort ist nicht mit dem Wohnsitz gleichzusetzen. Er bemisst sich im Wesentlichen nach objektiven und subjektiven Kriterien. Diese sind insbesondere die Dauer des jeweiligen Aufenthalts, der Ort, an dem seine Vermögenswerte liegen und dort, wo der tatsächliche familiäre und soziale Lebensmittelpunkt des Erblassers war.

Beispiel: Ein Franzose lebt und arbeitet regelmäßig an vier Tagen pro Woche in Deutschland. An den übrigen Tagen und am Wochenende sowie im Urlaub hält er sich vorwiegend in Frankreich auf, wo er in Vereinen aktiv ist und wo seine Familienangehörigen leben. Soziale Beziehungen unterhält er in Deutschland nur in geringem Maße. Seine Vermögenswerte befinden sich vor allem in Frankreich. Der gewöhnliche Aufenthaltsort dürfte in diesem Fall Frankreich sein, obwohl er sich auch eine nicht unerhebliche Zeit in Deutschland aufhält.

Abweichend hiervon hat jeder Erblasser die Möglichkeit, in seinem Testament verbindlich festzulegen, dass das Erbrecht seiner Staatsangehörigkeit gelten soll.

Beispiel: Ein in Deutschland lebender Französischer Staatsangehöriger hat somit zwei Möglichkeiten;

  • Er trifft keine Regelung im Testament, dann gilt das deutsche Erbrecht
  • Er bestimmt im Testament, dass das französische Erbrecht Anwendung finden soll, dann gilt dieses.



Diese Regelungen gelten zur Zuständigkeit der Gerichte

Im Rahmen der EU-Erbrechtsverordnung kann zwar im Testament die Wahl der Rechtsordnung der eigenen Staatsbürgerschaft getroffen werden, die Zuständigkeit der jeweiligen Gerichte kann jedoch nicht im Testament geregelt werden. Dadurch kann es zu folgender Konstellation kommen.

Ein in Rom lebender deutscher Staatsangehöriger regelt in seinem Testament die Anwendung des deutschen Erbrechts. Da nach der EU-Erbverordnung die Gerichte am letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständig sind, müssen nun die italienischen Gerichte nach deutschem Erbrecht über das gesamte Erbe entscheiden.

Eine Abweichung hierzu ist nur möglich, wenn die betroffenen Parteien in einem Erbvertrag abweichend eine andere gerichtliche Zuständigkeit (im Beispielsfall die Zuständigkeit deutscher Gerichte) vereinbaren.




Regelungen zum Erbschein bei ausländischem Nachlass

Auch bei einem Nachlass im Ausland gilt für die Ausstellung des Erbscheins; es ist das Gericht am letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständig. Ob dieser dort jedoch anerkannt wird, hängt von dem Recht des jeweiligen Staates ab.

Innerhalb der EU gibt es die Möglichkeit, das Europäische Nachlasszeugnis (Auch als Europäischer Erbschein bezeichnet) zu beantragen. Dieses gilt verbindlich innerhalb der EU und kann die Abwicklung internationaler Erbangelegenheiten erheblich vereinfachen. Es ersetzt also auch den deutschen Erbschein. Die Kosten entsprechen den Kosten eines deutschen Erbscheins. Sofern der Nachlass einen Bezug zum EU-Ausland aufweist, ist es daher vorzugswürdig, ein EU-Nachlasszeugnis zu beantragen.




Diese Besonderheiten bestehen bei Gründstücken und Vermögenswerten außerhalb der EU

Ja, die gibt es. Die EU-Erbrechtsverordnung gilt nur innerhalb der EU. Ist ein deutscher Staatsangehöriger Eigentümer eines Grundstücks in einem Drittstaat, kann es zur Nachlassspaltung kommen, wenn das dortige Erbrecht abweichende Regelungen vorsieht. In diesen Fällen sind Besonderheiten zu beachten. Verschiedene Länder unterstellen Grundvermögen grundsätzlich ihrem eigenen Recht. Dies kann für die Vermögensnachfolge bzw. Erbfolge eines deutschen Staatsbürgers gravierende Auswirkungen haben. Obwohl nach der EU-Erbrechtsverordnung insgesamt deutsches Erbrecht Anwendung finden würde, ist in diesem Fall das ausländische Erbrecht - aber nur hinsichtlich des betroffenen Grundstücks im Ausland - anzuwenden.

Beispiel: Ein Erblasser mit gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hinterlässt ein Grundstück mit Haus in der Türkei. In der Türkei gilt weder die EU-Erbrechtsverordnung noch das deutsche Erbrecht. Dort gilt für Immobilien im Erbrecht das Belegenheitsprinzip. Es gilt also das türkische Erbrecht. Somit kommt es zu einer Nachlassspaltung. Hinsichtlich des Grundstücks und dem Haus in der Türkei gilt das türkische Erbrecht. Hinsichtlich des übrigen Nachlasses gilt das deutsche Erbrecht.




Bei Auslandsbezug sollte eine internationale Nachfolgeplanung vorgenommen werden

Die Auswirkungen eines Auslandsbezuges bei einem Erbfall können sehr komplex werden. Auch dann, wenn durch die EU-Erbrechtsverordnung eine erhebliche Erleichterung eintritt. Diese besteht jedoch nur, wenn der Auslandsbezug auf die EU beschränkt bleibt. Aufgrund der vielgestaltigen möglichen Konstellationen und der unüberschaubaren verschiedenen Regelungen ist es daher dringend zu empfehlen, eine internationale Nachfolgeplanung mit der Unterstützung eines kompetenten Rechtsanwaltes vorzunehmen.




Diese Vorteile bieten Trusts

Trusts werden vor allem mit langfristiger Vermögens-, Erbschafts- und Steuerplanung in Verbindung gebracht. Typische Gründungsorte von Trusts sind die Kanalinseln, aber auch Gibraltar, Zypern, die Bahamas oder die Cayman-Islands. Dem Trust liegt ein Treuhandvertrag mit einem Treuhänder (Trustee), dessen Rolle meist von einem Rechtsanwalt vor Ort oder einer Bank übernommen wird, zugrunde. Der Trust ist keine eigenständige juristische Person. Vielmehr ist der Errichter des Trusts weitgehend von dem Trustee abhängig. Er ist für das Vermögen des Trusts und die Ertragsauszahlungen an die Begünstigen verantwortlich.

Der Vorteil eines Trusts ist, dass der Errichter für Dritte meist anonym bleibt. Allerdings gibt es auch steuerrechtliche Nachteile eines Trusts. Der erbschafts- und schenkungssteuerliche Reiz eines Trust lag bisher darin, dass die Besteuerung von der Auflösung des Trusts abhing, was unter Umständen ein langer Zeitraum sein konnte (z.B. Jersey-Trust 100 Jahre).

Der Bundesfinanzhof hat 1992 entschieden, dass ein Trust mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland wie eine ausländische Stiftung in Deutschland körperschaftssteuerpflichtig sein kann und dass jedweder Zwischenerwerb (z.B. Ausschüttung von Vermögen oder von Erträgen aus dem Trust) einkommenssteuerpflichtig ist. Ebenfalls sind Vermögensübertragungen auf den Trust und die konkrete Ausschüttung der Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer unterworfen.

Folglich handelt es sich bei einem ausländischen Trust zumeist nicht um ein vielversprechendes Steuersparmodell. Etwas anderes kann gelten, wenn die Person in Deutschland nicht mehr steuerpflichtig ist, beispielsweise weil die Person seit einem längeren Zeitraum ihren ständigen Wohnsitz im Ausland hat.




Die Vor- und Nachteile ausländischer Stiftungen

Eine ausländische Stiftung kann eine Alternative zur Wahl einer Stiftung nach deutschem Recht sein. Die steuerrechtlichen Konsequenzen hinsichtlich Erbschaft-, Schenkung-, Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer müssen aber im Einzelnen jeweils überprüft werden. Hierzu sollen sie sich von einem erfahrenen deutschen Anwalt beraten lassen.

Beispiel: Der in Deutschland lebende Unternehmer Müller will seinen Kindern hohe Beträge zukommen lassen. Er denkt dabei an eine österreichische Stiftung, die sich unproblematisch errichten lässt. Aus dieser Stiftung sollen die Kinder unwiderruflich begünstigt sein.

Die steuerrechtliche Konsequenz wäre, dass das Vermögen und Einkommen der österreichischen Stiftung beim in Deutschland steuerpflichtigen Stifter bzw. bei den Bezugs- und Anfallberechtigten besteuert werden würde. Hinsichtlich der Einkommens- und Körperschaftssteuer ist die ausländische Stiftung demnach kein Steuersparmodell.

Möchten weder der Unternehmer Müller noch seine Kinder den Wohnsitz wechseln, kann dennoch eine steuerliche Abschottungswirkung erzielt werden. Die Erbersatzsteuer, welche in Deutschland alle 30 Jahre anfällt, kann eingespart werden. Bei Umrechnung dieses Betrages auf eine jährliche Entrichtung entspricht diese in etwa einem Steuersatz von 0,6 %. Andererseits bestehen jedoch auch steuerliche Nachteile. Ein umfassender steuerlicher Vorteil lässt sich jedoch nur durch einen Wegzug, in diesem Beispiel nach Österreich, erreichen.

Es ist in jedem Einzelfall zu überprüfen, welches Ziel verfolgt wird und wie dieses erreicht werden kann. Sofern hohe Vermögenswerte schenkungsteuerrechtlich günstig übertragen werden sollen, sind unter Umständen hierauf konzipierte Fonds und Wertpapierdepots derzeit geeigneter.






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FAQ - Internationales Erbrecht



Welche Rechtsordnung gilt bei Erbfällen mit Auslandsbezug?

[aenderungsdatum]

Das kommt auf die konkrete Fallgestaltung an. Innerhalb der EU gilt die EU-Erbrechtsverordnung. Nach dieser gilt die Rechtsordnung des Staates, indem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Bei einem Bezug zu Drittstaaten kann es zu einer Nachlassspaltung kommen, wodurch ein Teil des Nachlasses nach der durch die EU-Verordnung vorgesehenen Rechtsordnung und der andere Teil nach dem Recht des Drittstaates geregelt wird.



Was sind international die wesentlichen Kriterien für die Bestimmung der anzuwendenden Rechtsordnung?

[aenderungsdatum]

Die wesentlichen international herangezogenen Kriterien sind:

  • die Staatsangehörigkeit des Erblassers;
  • der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers zum Todeszeitpunkt oder
  • der Lageort der jeweiligen Vermögensgegenstände.


Welche Regelung gilt innerhalb der EU?

[aenderungsdatum]

Innerhalb der EU gilt seit 2015 die EU-Erbrechtsverordnung, außer in Dänemark und Irland. Nach dieser gilt die Rechtsordnung des Staates, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Abweichend hiervon kann der Erblasser jedoch in einem Testament regeln, dass die Rechtsordnung des Staates gilt, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt.



Wie wird der gewöhnliche Aufenthalt ermittelt?

[aenderungsdatum]

Der gewöhnliche Aufenthalt ergibt sich nicht automatisch aus dem gemeldeten Wohnsitz. Er wird maßgeblich danach ermittelt, wo sich der Erblasser gewöhnlich aufgehalten hat, wo seine Vermögenswerte liegen und wo sein sozialer und familiärer Lebensmittelpunkt belegen war.



Welche Gerichte sind beim Eintritt des Erbfalls für die Entscheidung über das Erbe zuständig?

[aenderungsdatum]

Die Zuständigkeit der Gerichte richtet sich ebenfalls nach dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers. Eine abweichende Zuständigkeit der Gerichte kann von den betroffenen Parteien in einem Erbvertrag vereinbart werden.



Bestehen Besonderheiten bei Grundstücken oder Vermögenswerten außerhalb der EU?

[aenderungsdatum]

Das kommt auf den konkreten Fall an. Einige Länder sehen in ihrer Rechtsordnung vor, dass das Erbrecht zur Anwendung kommt, in dessen Staat das jeweilige Vermögen belegen ist. In diesen Staaten gilt die EU-Verordnung nicht. Dadurch kommt es zu einer Nachlassspaltung.