Die gesetzliche Erbfolge - das müssen Sie wissen

Jeder kann über seine Erben selbst bestimmen. Wer aber ohne Testament oder Erbvertrag stirbt, für den tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Das heißt, es kommt zur gesetzlich vorgesehenen Aufteilung des Erbes nach Stämmen bzw. Linien. Dabei werden zuerst Kinder und Ehegatten im Rahmen von Erbquoten berücksichtigt.

Sofern mehr als ein gesetzlicher Erbe vorhanden ist, kommt es zur Bildung einer Erbengemeinschaft. Wer dies umgehen möchte, um Streit unter den Nachlassempfängern zu vermeiden, der kommt um eine Regelung durch Testament oder Erbvertrag nicht herum. Sofern ein nur überschaubares Vermögen vorhanden ist, kann die gesetzliche Erbfolge allerdings durchaus ausreichen.



Sie benötigen Hilfe von einem erfahrenen Anwalt für Erbrecht?

Jetzt Kontakt zu Fachanwalt Maik Hieke aufnehmen!


040 605906570


info@anwaltskanzlei-erbrecht.de






So funktioniert die gesetzliche Erbfolge

Gesetzlich ist eine Verteilung des Erbes nach Erbquoten vorgesehen. Wer letztlich nach der gesetzlichen Erbfolge zum Erbe wird, hängt maßgeblich von den Verwandschaftsverhältnissen ab. Die Erben sind in verschiedene Gruppen (im Gesetz heißt es Ordnungen) aufgeteilt. Zunächst werden die Erben erster Ordnung berücksichtigt. Nur wenn aus dieser Gruppe niemand vorhanden ist, werden die Erben zweiter Ordnung bedacht. Ist auch aus dieser Gruppe niemand vorhanden, werden die Erben der dritten Ordnung bedacht, und so weiter. Verwandte der vorhergehenden Ordnung schließen also Verwandte einer nachfolgenden Ordnung nach § 1930 BGB aus.

Gemäß dem sogenannten Parentel- oder Ordnungssystem werden Verwandte je nach Abstammung in Ordnungen aufgeteilt:

  • 1. Ordnung (§ 1924 BGB): Kinder des Erblassers und Enkelkinder, neben diesen erbt auch der Ehegatten nach dem gesondert geregelten Ehegattenerbrecht
  • 2. Ordnung (§ 1925 BGB): Eltern des Erblassers, Geschwister und Nichten und Neffen, auch geschiedene Elternteile der verstorbenen Person sind Erben zweiter Ordnung
  • 3. Ordnung (§ 1926 BGB): Großeltern des Erblassers, sofern diese nicht mehr leben, deren Abkömmlinge, also Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen
  • 4. Ordnung (§ 1928 BGB): Urgroßeltern des Erblassers und sofern diese nicht mehr leben, deren Abkömmlinge
  • fernere Ordnungen (§ 1929 BGB): Entfernteren Voreltern des Erblassers und deren Abkömmlinge
  • letzte Ordnung: Der Staat, sofern keine Verwandten des Erblassers mehr ausfindig gemacht werden können

So funktioniert die gesetzliche Erbfolge

Innerhalb einer Ordnung gilt das Repräsentationsprinzip. Stirbt zum Beispiel der Großvater, dann erben als Erben erster Ordnung dessen Kinder, nicht aber die Enkelkinder. Solange ein Bruder oder eine Schwester als Erben zweiter Ordnung noch leben, können die Neffen und Nichten nicht erben. Andersherum treten die Kinder an die Stelle eines vorher verstorbenen Verwandten. Das nennt sich Eintrittsprinzip.

Keine Verwandten sind Ehepartner, Schwiegereltern oder Schwägerin und Schwager. Ehegatten steht allerdings ein gesetzliches Ehegattenerbrecht zu.




Ehegattenerbrecht schränkt das Erbrecht der Verwandten ein

Neben den Verwandten erbt auch der überlebende Ehegatte. Das Ehegattenerbrecht schränkt das Erbrecht der Verwandten ein (§ 1931 BGB). Gleiches gilt für den eingetragenen Lebenspartner, der weitgehend dem Ehegatten gleichgestellt ist (§ 10 LPartG).

Um zu berechnen, welcher Erbe wie viel erbt, ist als Erstes der Erbteil des überlebenden Ehegatten wichtig. Denn davon hängt die Erbquote der übrigen Erben ab.

Der überlebende Ehegatte des Verstorbenen ist neben Verwandten der 1. Ordnung zu 1/4 und neben Verwandten der 2. Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte als gesetzlicher Erbe berufen. Abhängig vom Güterstand der Ehe kann sich dieser Anteil jedoch noch erhöhen. In aller Regel erhöht sich der Erbanteil des Ehegatten um ein Viertel, wenn die Eheleute in einer Zugewinngemeinschaft gelebt haben (§§ 1931 Abs. 3, 1371 BGB). Das ist automatisch der Fall, wenn das Ehepaar keinen Ehevertrag aufgesetzt hat. Wurde allerdings beispielsweise die Gütertrennung oder die Gütergemeinschaft zwischen den Ehepartnern vereinbart, dann kommt es nicht zu diesem Anwachsen. Das Erbe fällt demnach geringer aus.

Dadurch steht dem Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft neben den Erben der ersten Ordnung ein Erbanteil von 1/2 und neben den Erben der zweiten Ordnung von 3/4 zu. Der verbleibende Erbteil wird dann unter den übrigen Erben zu gleichen Teilen aufgeteilt.

Sofern es zur Scheidung der Ehe kommt, verliert der ehemalige Ehepartner auch seinen Erbanspruch. Dies auch dann, wenn ein sogenanntes Berliner Testament von den Ehepartnern aufgesetzt wurde. Denn auch die Berücksichtigung im Testament wird grundsätzlich durch die Scheidung ausgeschlossen, wenn nicht anzunehmen ist, dass der ehemalige Ehepartner vom vorverstorbenen Ehegatten auch im Falle der Scheidung bei der Erbschaft berücksichtigt werden sollte.




Die Erben der ersten Ordnung

Hierzu zählen die Nachkommen des Erblassers. Man spricht daher vom Erbrecht nach Stämmen, da diese direkt vom Erblasser abstammen. Lebt zum Zeitpunkt des Todesfalls ein Kind des Erblassers, erbt dieses Kind neben dem überlebenden Ehegatten. Leben mehrere Kinder, teilen sie das Erbe unter sich und dem überlebenden Ehegatten auf. Jedes Kind bildet mit seinen Nachkommen einen eigenen Stamm. Und jeder Stamm erhält den gleichen Erbteil.

Sind die Kinder des Erblassers bereits verstorben, so erben die Enkelkinder. Bei mehreren Enkelkindern aus einem Stamm erben diese wiederum anteilig. Ist ein Kind von mehreren Kindern bereits verstorben, geht auch der Erbanspruch dieses Kindes auf dessen Nachkommen über. Nichteheliche Kinder, die nach dem 1. Juli 1949 geboren sind, sind genauso erbberechtigt wie eheliche Kinder. Verstirbt ein Nachkomme kinderlos, dann ist dessen Stamm untergegangen. Sein Anteil wächst den anderen Stämmen an.

Beispiel: Der Verstorbene war nie verheiratet, hatte vier Kinder (2 Söhne und 2 Töchter) sowie vier Enkelkinder. Als er stirbt, hinterlässt er seine noch lebende Mutter, eine Tochter, die verheiratet ist und selbst zwei Kinder hat, ein Sohn, der ledig ist, sowie zwei Enkelkinder, die von dem vorher verstorbenen Sohn abstammen. Die weitere Tochter ist kinderlos verstorben.

Da die Mutter des Erblassers zur zweiten Ordnung gehört, aber Erben erster Ordnung vorhanden sind, erbt die Mutter nicht (§ 1930 BGB). Die Kinder der Tochter erben als Enkel des Erblassers nicht, da die Tochter zur Zeit des Erbfalls noch lebt (§ 1924 Abs. 2 BGB). Der Stamm der verstorbenen Tochter ist untergegangen. Ihr Anteil wächst daher den verbleibenden Stämmen an.

Die beiden anderen Enkel sind Erben, da sie an die Stelle des vorher verstorbenen dritten Kindes treten (§ 1924 Abs. 3 BGB). Sie erben zusammen das, was das dritte Kind geerbt hätte, wenn es noch gelebt hätte. Somit ergibt sich folgender Erbquote: Die Tochter und der Sohn erhalten jeweils 1/3 und Enkelkind 1 sowie Enkelkind 2 jeweils 1/6.




Adoptierte Kinder in der Erbfolge

Wer ein Kind adoptiert, wird dadurch rechtlich mit ihm verwandt. Ein adoptiertes minderjähriges Kind erlangt die Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten (§ 1754 BGB). Es gehört damit zu den Erben erster Ordnung.

Mit der Adoption erlischt das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu den bisherigen Verwandten und damit auch alle sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten (§ 1755 BGB). Das Kind ist gegenüber den leiblichen Eltern nicht mehr erbberechtigt. Das bedeutet auch: Stirbt das Adoptivkind vor den neuen Eltern, erben die Adoptiveltern.

Für ein adoptiertes volljähriges Kind gelten besondere Regeln. So erlöschen anders als bei minderjährigen Adoptivkindern die verwandtschaftlichen Beziehungen zu den leiblichen Eltern nicht (§ 1770 Abs. 2 BGB). Ein volljähriges adoptiertes Kind kann also gesetzlicher Erbe von bis zu vier Erbteilen sein: denen der leiblichen Eltern und denen der Adoptiveltern. Gegenüber den Verwandten der Adoptiveltern bestehen aber keine gesetzlichen Erbrechte.




Die Erben zweiter Ordnung

Dies sind immer die Vorfahren des Erblassers und deren Abkömmlinge. Das sind die Eltern und deren Abkömmlinge, also die Geschwister des Erblassers. In der zweiten und den weiteren Ordnungen spricht man von Erben nach Linien, da diese nicht direkt vom Erblasser abstammen. Jeder Elternteil bildet zusammen mit seinen Nachkommen eine Linie. Jede Linie erbt zu gleichen Teilen.

Leben noch beide Eltern des Verstorbenen, erben sie zu gleichen Teilen jeweils die Hälfte des Nachlasses. Ist ein Elternteil bereits verstorben, treten an die Stelle des verstorbenen Elternteils, dessen Nachkommen – in diesem Fall also die Geschwister des Erblassers und deren Kinder, also Nichten und Neffen.

Beispiel: Der Erblasser war nicht verheiratet, hat keine Kinder und von seinen Eltern lebt nur noch die Mutter. Zudem hatte der Verstorbene einen Bruder und eine Schwester sowie einen Halbbruder aus der zweiten Ehe seines bereits verstorbenen Vaters. Seine verstorbene Schwester hatte zwei Kinder.

Da kein Erbe erster Ordnung vorhanden ist, erben die Erben zweiter Ordnung, also die Eltern und Geschwister. Die Eltern des Erblassers erben nach Linien: Die eine Hälfte des Nachlasses fällt an die Linie der Mutter, die andere an die Linie des Vaters. Weil die Mutter noch lebt, bekommen die Kinder gemäß dem Repräsentationsprinzip nichts und sie wird Erbin der Hälfte des Nachlasses.

Da der Vater nicht mehr lebt, treten an seine Stelle seine Nachfahren. Das sind der Bruder, die Schwester und der Halbbruder. Die drei Kinder des Vaters erben anstelle des Vaters dessen Hälfte. Der Halbbruder und der Bruder erben je 1/6 und anstelle der verstorbenen Schwester erben der Neffe und die Nichte je 1/12. Nach dem Gesetz entsteht in diesem Beispiel eine Erbengemeinschaft mit fünf Erben.




Die Erben dritter Ordnung

Eher selten gibt es Erbfälle, bei denen sehr weit entfernte Verwandte erben. Das ist möglich, wenn der Verstorbene keine eigenen Kinder oder Enkel hinterlässt und auch die Eltern des Erblassers bereits verstorben sind. Zudem leben weder Geschwister noch Nichten oder Neffen. Erst dann kommen die sogenannten Erben dritter Ordnung zum Zuge. Die Erbschaft fällt den Großeltern und deren Abkömmlingen zu. Ist ein Großelternteil bereits verstorben, treten die Nachkommen, also die Tanten und Onkel des Erblassers und deren Abkömmlinge, die Cousins und Cousinen an die Stelle des verstorbenen Großelternteils.




Die Ausschlagung des gesetzlichen Erbes

Niemand ist gezwungen, ein Erbe anzunehmen. Das gilt auch für den gesetzlichen Erbteil. Es besteht daher die Möglichkeit, das Erbe nach § 1943 BGB auszuschlagen. Dies muss allerdings innerhalb einer Frist von 6 Wochen ab Kenntnis vom Erbfall geschehen. Andernfalls gilt das Erbe als angenommen. Das Ausschlagen des Erbes kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn der Erblasser vor allem Schulden hinterlassen hat.

Wird das Erbe ausgeschlagen, so entsteht bei den nach § 2303 BGB Berechtigten ein Anspruch auf den Pflichtteil. Dies ist ein finanzieller Anspruch gegen die Erben. Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.




Der Staat als Erbe

Ist kein Testament oder Erbvertrag vorhanden und gibt es auch keine gesetzlichen Erben aus der vierten oder ferneren Ordnung oder haben alle Erben die Erbschaft zum Beispiel wegen Überschuldung ausgeschlagen, erbt das Bundesland, in dem der Erblasser zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Lebte der Verstorbene vor seinem Tod im Ausland oder ist kein gewöhnlicher Wohnsitz feststellbar, erbt der Bund (§ 1936 BGB). Dabei haftet der Staat für Nachlassschulden nur beschränkt. Eine Ausschlagung des Erbes ist für ihn allerdings nicht möglich.






Sie benötigen Hilfe von einem erfahrenen Anwalt für Erbrecht?

Jetzt Kontakt zu Fachanwalt Maik Hieke aufnehmen!


040 605906570


info@anwaltskanzlei-erbrecht.de



FAQ - Die gesetzliche Erbfolge



Wann tritt die gesetzliche Erbfolge ein?

[aenderungsdatum]

Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn der Erblasser keine Regelung seines Erbes hinterlassen hatte, etwa durch Testament oder Erbvertrag.



Wie ist die gesetzliche Erbfolge geregelt?

[aenderungsdatum]

Die gesetzliche Erbfolge ist nach dem Ordnungssystem oder Parentelsystem aufgebaut. Es gibt Erben erster, zweiter, dritter, vierter und fernerer Ordnung. Zuerst werden die Erben erster Ordnung bedacht. Sind erben einer höheren Ordnung vorhanden, so schließen diese die Erben der weiteren Ordnungen aus. Daneben besteht noch das gesondert geregelte Ehegattenerbrecht.



Wie erbt der Ehegatte?

[aenderungsdatum]

Der Erbanteil des überlebenden Ehepartners hängt in der gesetzlichen Erbfolge von dem Güterstand der Ehe ab. Sein gesetzlicher Erbteil beträgt zunächst neben den Erben der ersten Ordnung ein Viertel, neben denen der zweiten Ordnung die Hälfte. Sofern der Güterstand der Zugewinngemeinschaft vorliegt, erhöht sich dieser Anteil um ein weiteres Viertel auf 1/2 bzw. 3/4.



Wer ist Erbe erster Ordnung?

[aenderungsdatum]

Dies sind die Nachfahren des Erblassers, also seine Kinder, Enkel und Urenkel. Diese Erben nach Stämmen. Jedes Kind bildet einen eigenen Stamm. Stirbt ein Kind, so geht dessen Erbanspruch auf dessen Kinder über. War es kinderlos, so erlöscht der Stamm und sein Anteil wächst den übrigen Erben an.



Wie erben Adoptivkinder

[aenderungsdatum]

Bei ihnen kommt es darauf an, ob sie als minderjährige oder volljährige adoptiert werden. Bei minderjährig adoptierten Kindern erlöschen die Verwandtschaftsbeziehungen zu ihren leiblichen Eltern. Demnach erlischt auch deren dortiger Erbteil. Bei volljährig adoptierten Kindern erlöschen diese Verwandtschaftsbeziehungen nicht. Ihr Erbteil bleibt zu den leiblichen Eltern also bestehen.

Gegenüber den Adoptiveltern gelten sie in der Erbfolge wie eigene Kinder, also als Erben erster Ordnung.



Wer ist Erbe zweiter Ordnung

[aenderungsdatum]

Dies sind die Eltern und Geschwister des Erblassers. Jeder Elternteil bildet eine eigene Linie. Auch hier gilt, ist ein Elternteil verstorben, dann geht dessen Erbteil auf seine Nachkommen, also die Geschwister des Erblassers über.



Wer ist Erbe dritter Ordnung

[aenderungsdatum]

Dies sind die Großeltern des Erblassers, sofern diese nicht mehr leben, deren Abkömmlinge, also Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen.



Kann der gesetzliche Erbteil ausgeschlagen werden?

[aenderungsdatum]

Ja, niemand ist gezwungen, ein Erbe anzutreten. Die Ausschlagung kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Nachlass überschuldet ist.



Was geschieht wenn das Erbe ausgeschlagen wird?

[aenderungsdatum]

Wird das Erbe ausgeschlagen, dann wächst dieser Erbteil bei den übrigen Erben an. Haben alle Erben der ersten Ordnung das Erbe ausgeschlagen, dann kommen die der zweiten Ordnung zum Zuge und so weiter.

Die nach § 2303 BGB berechtigten erhalten nach der Ausschlagung der Erbschaft einen Anspruch auf den Pflichtteil.



Wann erbt der Staat?

[aenderungsdatum]

Der Staat erbt, wenn keine Verwandten des Erblassers mehr ermittelt werden können oder alle Erben das Erbe ausgeschlagen haben.